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Haina – ein Überblick 

Das hessische Kloster Haina ist eine der besterhaltenen und kunsthistorisch bedeutsamsten mittelalterlichen Klosteranlagen in Deutschland. Eingebettet in die grünen Hügel des Kellerwaldes, liegt es nördlich von Marburg und unweit von Bad Wildungen im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Mit der frühgotischen Hallenkirche, dem idyllischen Kreuzgang und den historischen Klausur-Räumen vermittelt die alte Zisterzienser-Abtei noch heute eine anschauliche Vorstellung von der Lebens- und Gedankenwelt des Mittelalters.

Der Reiz des Raumes und des Lichts

Den Grundstein legten die „weißen Mönche“ im weltabgeschiedenen kleinen Wohra-Tal vermutlich im Juni 1215. Folglich konnte im Jahr 2015 das 800-jährige Bestehen der Anlage begangen werden. Im Chor der Kirche, wo der Bau begann, kann auch ein Laie auf einen Blick erfassen, dass hier mit seltener Klarheit der Übergang von der Romanik zur Gotik zum Ausdruck kommt. Am Sockel hat man die Nischen und Durchlässe noch mit romanischen Rundbögen geformt; darüber erheben sich die hohen, lichtdurchfluteten Fenster mit jenen typischen Spitzbögen, die den gotischen Kathedralen ihre unnachahmliche Erhabenheit verleihen. Von herausragender Bedeutung sind auch die kostbaren Glasfenster und die Lichtführung sowie die dezente Farbgebung.

Eines der reichsten Klöster in Hessen

Die Zisterzienser lebten nach der Benedictus-Regel „Bete und arbeite“. Ihre Prierstermönche widmeten sich asketisch dem Gebet, die Laienbrüder legten Teiche, Mühlen und große landwirtschaftliche Güter an. Durch die Frucht dieser Arbeit, durch Zukauf und vor allem durch zahlreiche Stiftungen und Schenkungen stieg der Konvent in Haina bald zu einem der reichsten und mächtigsten Klöster in Hessen auf. Sein Besitz umfasste nicht nur Wiesen, Äcker, Wälder und Häuser in der unmittelbaren Umgebung, sondern auch Immobilien in der Großregion, von Kassel bis nach Gelnhausen und Frankfurt. Im späten Mittelalter waren es mehr als 300 Orte, in denen die Abtei Güter hatte.

Der Landgraf und der böse Vogel

Einen epochalen Einschnitt brachte die deutsche Reformation, die der Augustinermönch Martin Luther vor 500 Jahren, im Oktober 1517, mit seinen Wittenberger Thesen gegen den Ablasshandel auslöste. Der junge hessische Landgraf Philipp der Großmütige (1504-67) unterstützte Luther und wurde neben dem Kurfürsten von Sachsen der wichtigste politische Führer der Protestanten. 1527 verfügte er in Hessen die Aufhebung aller Klöster und wandelte Haina 1533 zu einem Hospital für kranke und hilfsbedürftige Männer aus den Dörfern Nieder- und Oberhessens um. An diesen Akt erinnert in der Klosterkirche ein ungewöhnliches Denkmal, das zu den bedeutendsten protestantischen Kunstwerken in Deutschland zählt. Dieser so genannte Philippstein zeigt den Landgrafen in voller Rüstung zusammen mit seiner Ahnin, der heiligen Elisabeth aus Marburg, und einer Harpyie, einem bösartigen Vogel als Symbol des gefräßigen Mönchstums, das nun im Geiste Luthers entmachtet wurde.

Zwangsjacke und „hohles Rad“

Philipps Stiftung besteht bis heute fort. Seit bald 500 Jahren ist in den Räumen der alten Zisterzienser-Abtei sowie in einer Reihe später hinzugekommener Bauten ein Hospital untergebracht. Zu seinen Patienten zählten immer schon psychisch und geistig behinderte Menschen, in der Nazi-Zeit wurden mehr als 460 von ihnen umgebracht. Heute gehört die Einrichtung zu Vitos Haina, einer Tochter der Vitos GmbH, die ihrerseits eine Gesellschaft des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen ist. In einem Psychiatriemuseum wird mit einer Zwangsjacke, einem „hohlen Rad“ und anderen Gerätschaften, die heute wie Folterwerkzeuge anmuten, der Wandel des therapeutischen Umgangs mit Gemüts- und Geisteskranken kritisch dokumentiert.

Der Sohn des Teichmeisters

Wie andere Klöster war auch Haina zu allen Zeiten ein bedeutendes kulturelles und ökonomisches Zentrum, das wichtige Impulse für seine Umgebung gab. Davon zeugt nicht zuletzt die Tatsache, dass aus seinem Umfeld bedeutende Künstler hervorgegangen sind. Als Sohn eines Hainaer Teichmeisters wurde 1488 in Halgehausen Eoban Koch geboren, ein Zeitgenosse und Bekannter Martin Luthers und Albrecht Dürers, der unter dem Namen Helius Eobanus Hessus einer der bekanntesten Dichter seiner Zeit war. Er redete Hessisch und schrieb auf Latein.

Die Dynastie der Maler

Als Hospitalbäcker lebte in Haina Johann Heinrich Tischbein, zu dessen Nachkommenschaft eine ganze Dynastie von Malern gehörte. Der bekannteste war Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829), ein Freund Johann Wolfgang Goethes, der diesen 1786 in seiner Wohnung in Rom beherbergte. Aus dieser Zeit stammt Tischbeins weltberühmtes Porträt des Dichterfürsten mit weißem Mantel und großem Hut, malerisch auf einem umgestürzten Obelisken in der römischen Campagna gelagert. Tischbein und seine Sippe werden in Haina in einer neuen Ausstellung gewürdigt, auch das kleine Fachwerkhaus der Familie ist erhalten.

Ein romantischer Garten

Aus derselben Epoche stammt ein romantischer englischer Landschaftsgarten, den 1789 der damalige Hainaer Hospital-Direktor Friedrich von Stamford einzurichten begann, ganz im Geist seiner Zeit. Es ist eine der ältesten Anlagen dieser Art in Deutschland, der größte Teil ist erhalten. Alle genannten Einrichtungen werden vom Verein der Freunde des Klosters Haina betreut und können besichtigt werden.