Festtag zum Jubiläum der Klosterkirche
Neue Spuren zur Frühgeschichte Hainas
Mit einem feierlichen Gottesdienst und einem Festakt ist am Sonntag, dem 14. Juni 2015, der 800. Jahrestag der Gründung des hessischen Klosters Haina begangen worden. Dabei wartete Uwe Brückmann, der Landesdirektor des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), mit einer „kleinen Sensation“ auf: Durch eine archäologisch-geophysikalische Erkundung konnte vor kurzem im Bereich der untergegangenen Aulesburg bei Löhlbach der Ort gefunden werden, wo im Mittelalter eine andere Kirche gestanden hatte, in der vermutlich die Geschichte des Klosters Haina begann.
Die historische Zisterzienser-Abtei war auf Wunsch des Stifters, Graf Poppo von Reichenbach und Ziegenhain, im Jahre 1188 von Zisterzienser-Mönchen aus Altenberg bei Köln zunächst auf der Aulesburg begründet worden. Sie wurde aber bald darauf in den besser geeigneten, rund vier Kilometer entfernten Ort Haina verlegt, wo man im Sommer 1215 mit dem Bau der frühgotischen Klosterkirche begann. An dieses Datum knüpft sich das Jubiläum, das in den kommenden Wochen mit einer ganzen Serie von Veranstaltungen, darunter mehreren historischenVorträgen, begangen werden soll. (Siehe dazu gesonderte Mitteilung).
Zum Auftakt fand am Sonntag, dem 14. Juni, zunächst in der historischen Klosterkirche ein feierlicher Gottesdienst statt. Dazu konnte die Hainaer Pfarrerin Beate Ehlert neben dem Hainaer Bürgermeister Rudolf Backhaus und zahlreichen Bürgern auch die Dekanin Petra Hegmann aus Frankenberg sowie Prof. Dr. Martin Hein, den Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen und Waldeck, begrüßen.
Bischof Hein erklärte in seiner Predigt vor den rund 250 Anwesenden, die Zisterzienser hätten damals das ursprüngliche Ideal des Mönchtums, nämlich die Verbindung von Gebet und Arbeit, wiederbeleben wollen. Durch ihre Arbeit in der Landwirtschaft, im Obst- und Weinbau sowie in der Fischzucht hätten sie aber auch zur Verbreitung der mittelalterlichen Kultur beigetragen. Der Geistliche würdigte ferner den hessischen Landgrafen Philipp den Großmütigen, der in der Reformation die Klöster aufgehoben und 1533 eine Hospitalstiftung eingerichtet hatte, zu der auch Haina seither gehört. „Philipp hat verstanden: Gottesliebe geht nicht ohne Nächstenliebe“, sagte der Bischof. Bis heute würden in Haina in diesem Sinne und im Geiste Jesu „die Mühseligen und Beladenen“ betreut. Und bis heute sei die frühgotische Klosterkirche in Haina als „eine der schönsten auf dem Gebiet unserer Landeskirche“ kein Museum, sondern „ein Ort der Begegnung mit dem lebendigen Heiland“.
Landesdirektor Uwe Brückmann erinnerte daran, dass der Landeswohlfahrtsverband Hessen 1953 mit der Übernahme des Klosters und der Hospitalstiftung auch eine besondere Verantwortung übernommen habe. Auf dieser Basis habe der LWV in den vergangenen Jahrzehnten zusammen mit dem Bund, dem Land Hessen und den zuständigen Denkmalschutzbehörden viel Geld und Engagement in die Restaurierung und Erhaltung dieser „kunsthistorisch sehr bedeutenden Anlage“ investiert. In dieser Kontinuität sehe sich der LWV auch für das neu entdeckte Bodendenkmal auf der Aulesburg in der Pflicht, fuhr Brückmann fort.
Nach seinen Worten konnte bei der vom LWV auf Vorschlag von Manfred Albus, dem Leitenden Forstdirektor der Hainaer Stiftungsforsten, veranlassten archäologisch-geophysikalischen Erkundung in unmittelbarer Nähe der Aulesburg festgestellt werden, wo die alten Klostergebäude standen. „Wir wissen auch, wie die Grundrisse aussehen“, erklärte Brückmann. Gleichzeitig präsentierte Manfred Albus auf einer Leinwand die Ergebnisse von Bodenradar-Messungen in verschiedenen Tiefen. Auf den Projektionen waren klar die Konturen der Fundamente einer 27 Meter langen und 7,5 Meter breiten Kirche mit Apsis und Strebpfeilern zu erkennen.
Im südwestlichen Bereich des Gotteshauses konnte man zudem ein quadratisches, rund zehn mal zehn Meter großes und tiefer liegendes Fundament identifizieren. „War das ein vielleicht romanischer Vorgängerbau, war es die erste Kirche auf der Aulesburg?“, fragte Uwe Brückmann. „Wir wissen es nicht! Noch nicht.“ Er sei froh, dem Vorschlag von Manfred Albus für eine Untersuchung gefolgt zu sein, fuhr der LWV-Chef fort. „Wir beide sind heute sehr stolz, 800 Jahre nach der Grundsteinlegung des Klosters Haina der Öffentlichkeit erstmals den Standort der vermuteten Vorgänger-Klosterkirche auf der Aulesburg präsentieren zu können.“ Brückmann wies ferner auf eine für den 11. Juli geplante Wanderung zur Aulesburg mit Manfred Albus und Dr. Klaus Sippel, dem zuständigen Bezirks-Archäologen vom Landesamt für Denkmalpflege in Marburg, hin. Dort sollten weitere Geheimnisse gelüftet werden.
Ausdrücklich dankte der LWV-Landesdirektor auch dem Verein der Freunde des Klosters Haina, der den Jubiläumstag gemeinsam mit dem LWV und der Evangelischen Kirchengemeinde in Haina organisiert hatte. Die Klosterfreunde brächten „einen großen Einsatz für das Kloster“, beispielsweise mit der Betreuung der Besucher und der Spendenaktion für den Erhalt der Kirchenfenster. „Wir sind sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit, die in den Jahren zwischen dem LWV und den Klosterfreunden gewachsen ist.“
Nach dem Festakt, bei dem die Klosterkirche bis zum letzten Platz besetzt war, gab ein Vertreter der Kunsthochschule Kassel mittels eines Videofilms einen kurzen Ausblick auf den geplanten Video-Walk, der im Auftrag des Vereins der Freunde des Klosters Haina entwickelt worden ist. Dieses neuartige Medium soll vor allem jungen Besuchern mit zeitgemäßen Mitteln Informationen über die historische Anlage vermitteln.
Einen starken Niederschlag fand das Jubiläum in der örtlichen Presse, die darüber mehrfach berichtete. So war am Montag, dem 15. Juni, in der Frankenberger Zeitung zu lesen: „Die Klosterkirche ist der Beweis dafür, dass Schlichtheit erhaben sein kann. Sie braucht keinen Prunk, kein Gold, keine überbordenden schmuckvollen Verzierungen. Allein ihre Höhe, aber auch die mächtigen Säulen, die schlichte Deckenmalerei, die hellen Farben und die großen Fenster sind Statement genug.“
Schon am Samstag, dem 13. Juni, hatte die Frankenberger Allgemeine die Vorgeschichte des Hainaer Kirchenbaus beleuchtet und darauf hingewiesen, dass der ursprünglich in Aussicht genommene Standort auf der Aulesburg sich als extrem unwirtlich erwiesen habe. „Das Klima war zu rau, das bergige Gelände ließ sich nur schwer bewirtschaften und auch das nötige Wasser für die Teiche und Mühlen fehlte.“
Über den Jahrestag berichtete am Sonntag, dem 14. Juni, auch das Fernsehen in der Sendung „Hessenschau“. Der Beitrag kann unter diesem Link abgerufen werden: http://www.hr-online.de/website/archiv/hessenschau/hessenschau.jsp?t=20150614&type=v