Schlaglichter auf eine Maler-Dynastie
Präsentation im Kloster Haina gibt einen Überblick über drei Generationen der Familie Tischbein – Porträts der Stammeltern als Glanzpunkte
Wie kommt es, dass aus der Familie eines Bäckers und seiner Frau in drei Generationen mehr als drei Dutzend Künstler hervorgehen, darunter etliche namhafte Maler und Malerinnen? Mit dieser Frage beschäftigt sich am Beispiel der Tischbein-Sippe aus Hessen eine Ausstellung, die am Sonntag, dem 24. März 2019, im Kloster Haina bei Bad Wildungen eröffnet wurde. Dabei stellte die Kuratorin der Präsentation, die Kasseler Kunsthistorikerin Caroline von der Osten-Sacken, heraus, dass der Hainaer Klosterbäcker Johann Heinrich Tischbein (1683-1764) und seine Frau Susanne Margaretha geb. Hinsing (1690-1772) ihre neun Kinder „in kreativer Hinsicht sehr gefördert“ hätten. Die Mutter, Tochter eines Uhrmachers und Schlossers aus der Wetterau, sei im Handarbeiten sehr geschickt gewesen und habe den jungen Mädchen aus der Umgebung Stick-Unterricht gegeben.
Auf einem Familien-Bild, das einer ihrer Söhne angefertigt hat, ist zu sehen, wie die Mutter auch ihre zwei eigenen Töchter anleitet: die eine klöppelt, die andere stickt. Einer der Söhne sitzt an einer Staffelei und hält den Pinsel – es ist wohl Johann Heinrich Tischbein der Ältere (1722-1789), der als Hofmaler in Kassel und Direktor der dortigen Kunstakademie für seine Brüder sowie für seine Töchter, Nichten und Neffen eine Leitfunktion innehatte.
Die Ausstellung in Haina gibt einen Überblick über drei Generationen der Maler-Sippe, die im 18. und 19. Jahrhundert in Deutschland weithin bekannt war. Glanzpunkte der Präsentation sind zwei Porträts der Stammeltern Johann Heinrich und Margaretha Susanna Tischbein, deren Existenz bisher nur wenigen Eingeweihten bekannt war. Sie wurden dem Verein der Freunde des Klosters Haina erst vor kurzem von der Kasseler Bürgerin Hedda I. Breithaupt geschenkt, die zur Familie des bekannten Unternehmens F. W. Breithaupt & Sohn gehört. Der Gründer dieser Firma, der landgräfliche Hofmechanicus Johann Christian Breithaupt (1736-1799), hatte 1769 in die Tischbein-Sippe eingeheiratet. Seine Frau Susanne Strack war eine Enkelin der Stammeltern.
Die Vorsitzende des Vereins der Freunde des Klosters Haina, Heike Hartmann-Frank, erinnerte bei der Eröffnung der Präsentation daran, dass diese Hochzeit sich in diesem Jahr exakt zum 250. Mal jähre. Aus der Verbindung von Johann Christian Breithaupt und Susanne Strack sei eine ganze Dynastie von Tüftlern, Technikern, Feinmechanikern, Erfindern und Unternehmern hervorgegangen, sagte sie. Die Firma stellt seit acht Generationen Präzisionsmessinstrumente her und ist heute das älteste Unternehmen dieser Branche in der Welt.
Die Hainaer Ausstellung, die vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie vom Landkreis Waldeck-Frankenberg finanziell gefördert wird, beleuchtet schlaglichtartig das Schaffen einzelner Künstler aus drei Generationen. Darunter sind neben dem „Kasseler Tischbein“ Johann Heinrich auch dessen Tochter Wilhelmine Caroline Amalie und deren Cousin Johann Friedrich August, der als „Leipziger Tischbein“ bekannt ist, weil er nach Aufenthalten in ganz Europa zum Leiter der Kunstakademie in Leipzig berufen worden war. Zur dritten Maler-Generation gehört unter anderem August Anton Tischbein, der in Triest lebte und mit Landschaftsbildern und Porträts hervorgetreten ist.
Die Ausstellung im Kreuzgang des früheren Zisterzienser-Klosters in Haina ist täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr geöffnet und wird noch bis zum 31. Oktober gezeigt. An drei Sonntagen – dem 28. April, dem 7. Juli und dem 15. September – bietet die Kuratorin Caroline von der Osten-Sacken Sonderführungen durch die Präsentation an. Außerdem hält am Sonntag, dem 2. Juni, die Kasseler Kunsthistorikerin Prof. Dr. Martina Sitt einen Vortrag über den Maler August Anton Tischbein, der im 19. Jahrhundert in Triest lebte.
(Vgl. dazu auch die Mitteilung „Die Tischbeins!“ vom 2. März und den Bericht „Porträts der Stammeltern der Familie Tischbein kommen nach Haina“ vom 18. März 2019).