Zwei Tischbein-Zeichnungen für Haina
Marburger Unternehmerin Andrea Suntheim-Pichler stiftet wertvolle Kunstwerke von Johann Heinrich Tischbein d. Ä. für Ausstellung

Die Stifterin Andrea Suntheim-Pichler (rechts) und Heike Hartmann-Frank (links), die Vorsitzende der Freunde des Klosters Haina, im Raum der Tischbein-Ausstellung im Kloster Haina vor einer Büste des Malers Johann Heinrich Wilhelm Tischbein d.Ä. Sie zeigen die beiden Zeichnungen, die übergeben wurden.
Von einer Marburger Unternehmerin mit familiären Verbindungen nach Bad Wildungen hat der Verein der Freunde des Klosters Haina zwei wertvolle Zeichnungen des früheren Kasseler Hofmalers Johann Heinrich Tischbein d. Ä. (1722-1789) erhalten. Andrea Suntheim-Pichler, die im Gesundheitswesen tätig und Mitgesellschafterin des Sanitätshauses Kaphingst ist, übergab die von ihrem Vater ererbten Kunstwerke im Kloster Haina dem Vorstand des Vereins. Die beiden Darstellungen im Format 7 x 8,5 cm zeigen zum einen ein Krankenlager oder eine Sterbeszene im Familienkreis, zum anderen einen Lehrer mit einem Schüler und datieren beide aus der Zeit um 1760.
Nach Auskunft der Stifterin hatte ihr Vater Helwig Suntheim die beiden mit extrem feinen Strichen ausgeführten Bleistiftzeichnungen, die dann mit wässriger Farbe getuscht (laviert) wurden, in den 1980er Jahren bei einem Kunsthändler in Marburg erworben und in der Wohnung der Familie in Marburg aufgehängt. „Für uns war immer klar: Das ist was Besonderes, das ist was Wertvolles“, erklärte Andrea Suntheim-Pichler, die oft auch in Bad Wildungen bei ihren Großeltern zu Besuch war. Sie habe sich entschlossen, die beiden Bilder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und „einer Ausstellung zu übergeben, wo sie geschätzt und angeschaut werden, und da kommt man natürlich an Haina nicht vorbei“. Dies sei auch ganz im Sinne ihres vor zehn Jahren verstorbenen Vaters.
Gemeinsam mit Heike Hartmann-Frank, der Vorsitzenden der Freunde des Klosters Haina e. V. unterzeichnete die Stifterin eine Schenkungsurkunde, auf der die Bilder genau beschrieben sind und ihre Herkunft festgehalten ist. Heike Hartmann-Frank bedankte sich nachdrücklich im Namen des Vereins und sagte: „Wir freuen uns sehr über dieses wertvolle Geschenk, das wir natürlich gerne der Öffentlichkeit zugänglich machen werden.“ Die Kunstwerke passten perfekt in die für dieses Jahr geplante Ausstellung über die Beziehungen der Malerfamilie Tischbein zum früheren Fürstentum Waldeck und Pyrmont.
Sowohl der Kasseler Hofmaler Johann Heinrich Tischbein d. Ä. als auch dessen Neffen Johann Friedrich August, ein bekannter Porträtist, und Johann Heinrich Wilhelm, der durch ein Goethe-Gemälde berühmt wurde, waren vor mehr als 200 Jahren für das Fürstenhaus in Arolsen tätig. Die damals entstandenen Werke sollen in Haina in diesem Jahr vom 17. März bis zum 3. November gezeigt werden. Die Präsentation besteht aus Reproduktionen und trägt den Titel „Aus Haina nach Arolsen – die Tischbeins im Waldecker Land“. Die Originale hängen zum größten Teil im Residenzschloss Arolsen. Aber auch die Decke der Dorfkirche von Schmillinghausen wurde von einem Maler der Familie, nämlich Christian Wilhelm Tischbein (1751 – 1824), gestaltet.
Der Verein der Freunde des Klosters Haina hatte unlängst die Bevölkerung des Landkreises Waldeck-Frankenberg, insbesondere die Waldecker aufgerufen, in ihren privaten Beständen nachzuforschen, ob dort noch bisher unbekannte Tischbein-Werke – Gemälde, Zeichnungen, Stiche, Radierungen – vorhanden sind. Diese sollten nach Möglichkeit ebenfalls in Form einer Reproduktion bei der Ausstellung gezeigt werden. Interessenten werden gebeten, sich per Internet über klosterhaina@t-online.de oder unter Tel. 06456-1014 zu melden. Es besteht auch die Möglichkeit, die Werke von Fachleuten begutachten und schätzen zu lassen. Diskretion wird zugesichert.
Das Projekt fügt sich ein in die Serie von Veranstaltungen, die in diesem Jahr zum 50. Jahrestag der Bildung des Landkreises Waldeck-Frankenberg aus den Altkreisen Waldeck und Frankenberg geplant sind. Man wolle zwischen beiden Kreisteilen „eine kulturelle Brücke schlagen“, sagte Heike Hartmann-Frank.
Kuratorin der Ausstellung ist wie schon in den vergangenen Jahren die Kasseler Kunsthistorikerin Caroline von der Osten-Sacken, die jüngst auch ein Buch über die Malerfamilie Tischbein veröffentlicht hat. Es erfasst zum ersten Mal die gesamte Bandbreite des Schaffens der Sippe, der in drei Generationen nicht weniger als 42 Künstlerinnen und Künstler zuzurechnen sind. Rund zwei Dutzend von ihnen waren bekannte Maler und Malerinnen, andere produzierten Landschaftsansichten, Blumenbilder und Zeichnungen oder waren als Kupferstecher und Architekten tätig. Johann Heinrich Tischbein d. Ä., von dem auch die beiden nun in Haina übergebenen Bleistiftzeichnungen stammen, war nach Meinung vieler Experten der bedeutendste von allen.