„Schon 800 mal Ostern gefeiert“
Im Kloster Haina wurde der Jahrestag der Einweihung der historischen Kirche begangen – Bischöfin würdigt Geschichte der Anlage – Eine Trauben-Eiche als Signal gegen den Klimawandel
Mit einem Festgottesdienst und der Pflanzung eines Baumes ist am Ostermontag im Kloster Haina der Tag begangen worden, an dem vor 800 Jahren die historische Klosterkirche geweiht wurde. „Schon 800 Mal wurde hier Ostern gefeiert“, erklärte die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Beate Hofmann, in ihrer Predigt. Sie würdigte die wechselvolle Geschichte der Anlage, die in der Reformation von einer Zisterzienserabtei in ein Spital für kranke und arme Männer vom Land umgewandelt wurde. „Es gibt nicht sehr viele Kirchenräume in unserer Landeskirche, in denen schon so lange Gottesdienste gefeiert werden“, sagte sie vor den rund 160 versammelten Besuchern.
An den Feierlichkeiten nahmen auch der Landrat des Kreises Waldeck-Frankenberg, Jürgen van der Horst, sowie der Hainaer Bürgermeister Alexander Köhler teil. Gemeinsam mit dem Hainaer Pfarrer Uwe G. Hesse und der Frankenberger Dekanin Petra Hegmann pflanzten der Landrat und die Bischöfin nach dem Gottesdienst unweit der Kirche eine Trauben-Eiche. Beteiligt war an dem symbolischen Akt auch Matthias Müller, der Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft Vitos Haina als Treuhänderin des historischen Klostergeländes. Auf einer Gedenktafel heißt es dazu, die Trauben-Eiche sei schon im Mittelalter von den Zisterziensern als heimischer Waldbaum geschätzt und genutzt worden, aus ihr sei auch das Dachgebälk der Klosterkirche gefertigt worden. Der nun gepflanzte Baum sei „ein Symbol gegen den prognostizierten Klimawandel, aber auch für den über 800-jährigen Fortbestand des Christentums im Wohratal“.
Das Kloster Haina war im Jahre 1188 von Zisterziensern aus Altenberg bei Köln zunächst auf der Aulisburg bei Löhlbach gegründet und dann ins besser geeignete Tal der Wohra verlegt worden. Dort begannen die „weißen Mönche“ im Jahre 1215 mit dem Bau der Kirche. Binnen neun Jahren wurde als erster Bauabschnitt der Chorraum in der Höhe eines Geschosses fertiggestellt, und zwar im Stil der Romanik. Als geistliches Oberhaupt und Schutzherr nahm am 1. April 1224 der Mainzer Erzbischof Siegfried II. persönlich die Weihe des Gotteshauses vor.
Die Bauarbeiten wurden danach im frühgotischen Stil weitergeführt. Erst 1330, also nach 115 Jahren, war die Kirche vollendet. Der Komplex, den sie zusammen mit den umliegenden Klausurgebäuden und dem historischen Kreuzgang bildet, gilt als eine der am besten erhaltenen und kunsthistorisch eindrucksvollsten mittelalterlichen Klosteranlagen in Deutschland. Noch heute vermittelt sie eine anschauliche Vorstellung von der Lebens- und Gedankenwelt des Mittelalters.
In ihrer Predigt erklärte die Landesbischöfin Beate Hofmann, in der 800-jährigen Geschichte Hainas habe sich viel verändert, unter anderem sei „aus dem Bischof eine Bischöfin“ geworden. In der Zeit der Reformation sei das Kloster zu „einem Ort der Heilung und der Zuflucht“ für Menschen geworden, die vom Leben gebeutelt und ausgegrenzt worden seien. „Und das ist Haina geblieben“, sagte sie in Anspielung darauf, dass das frühere Kloster mit den später hinzugekommenen Gebäuden heute ein bedeutendes psychiatrisches Zentrum darstellt. In der NS-Zeit sei Haina ein Ort der Vernichtung geworden, fuhr die Landesbischöfin fort. Es habe sie besonders berührt, „wie nahe hier Heil und Unheil, Recht und Unrecht neben einander wohnten“. Und es erschrecke, dass über 80 Jahre danach das Gedankengut aus dieser Zeit wieder auflebe und fortlebe in Ideen von völkischer Reinheit sowie im Widerstand gegen Inklusion und Vielfalt.
Die Pflanzung der Trauben-Eiche bewertete die Bischöfin als einen Ausdruck der Hoffnung. Die Initiative fügt sich nach ihren Worten in die landeskirchliche Aktion „Sieben Jahre – 700.000 Bäume“ ein. „Wir wollen den Menschen bewusst machen, wie wichtig der Wald für uns und unser Ökosystem hier in dieser Region ist“, sagte Beate Hofmann. Am Wald könne man exemplarisch den Klimawandel sehen und verstehen.
Die Trauben-Eiche wurde vom Verein der Freunde des Klosters Haina gestiftet, der bei der Jubiläumsfeier eng mit der Evangelischen Kirchengemeinde Hohes Lohr im Kellerwald sowie dem Kirchenkreis Eder und der gemeinnützigen Gesellschaft Vitos Haina zusammenwirkte. Das Vorstandsmitglied Manfred Albus, der viele Jahre Forstdirektor und Leiter der Stiftungsforsten Haina war, wies auf „die frühen Nachhaltigkeitsbestrebungen der Zisterzienser in der Waldwirtschaft“ hin. Die Trauben-Eiche habe schon im Mittelalter zum wertvollen Inventar der Mischwälder des Kellerwaldes gehört, sagte er. Aus ihrem Holz sei neben dem Dachgebälk auch das wertvolle und bis heute erhaltene Chorgestühl der Kirche aus der Zeit ab 1245 gefertigt worden.
„Und last but not least: Die Trauben-Eiche war schon damals die Baumart der trockeneren und wärmeren Standorte“, erklärte Manfred Albus weiter. „Sie wuchs auf den süd- und südwestgeneigten flachgründigen Hängen des Kellerwaldes, dort wo die heimische Rot-Buche nicht mehr Fuß fassen konnte. Und so gewinnt sie heute – insbesondere im Zeichen des Klimawandels – wieder völlig neue Aufmerksamkeit und Wertschätzung.Sie kann damit auch ein Hoffnungsbaum im Rahmen unserer Schöpfungsverantwortung sein!“
Die Aufschrift auf der Tafel, die neben dem neu gepflanzten Baum aufgestellt wurde, hat folgenden Wortlaut:
Trauben-Eiche zur Erinnerung an die Weihe der Klosterkirche Haina am 1. April 1224
Vor 800 Jahren, am 1. April 1224, wurde auf der 1215 begonnenen Baustelle des Zisterzienserklosters Haina der bis zu den Vierungspfeilern erstellte Kirchenraum zu einem Gotteshaus geweiht. Erzbischof Siegfried II. von Mainz vollzog die Weihe im Beisein des Landgrafen von Thüringen.
Täglich hörbares Zeichen der Kirchenweihe ist bis heute die „Hasenglocke“ im Hainaer Kirchturm. Sie war ein gemeinsames Geschenk des Erzbischofs und des Landgrafen. Das namensgebende Symbol der Glocke stellt in einem Kreis drei springende Hasen in symmetrischer Rotation dar, deren Ohren sich jeweils mit denen der benachbarten Hasen decken, so dass tatsächlich nur drei Ohren, angeordnet in einem gleichseitigen Dreieck, zu sehen sind.
Die hier stehende Trauben-Eiche erinnert an den Festgottesdienst, den die Kirchengemeinde Haina zum 800. Jubiläum der Kirchenweihe am 1. April 2024 gefeiert hat.
Sie wurde im Beisein der Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Beate Hofmann, der Dekanin Petra Hegmann, des Pfarrers Uwe Hesse und weiterer Mitwirkender gepflanzt.
Der Baum ist eine Spende der „Freunde des Klosters Haina e. V.“, die sich schon seit Jahrzehnten darum bemühen, die Geschichte der mittelalterlichen Zisterzienser-Abtei durch Führungen, Vorträge, Ausstellungen und Veröffentlichungen im Bewusstsein der Bevölkerung lebendig zu halten.
Die Trauben-Eiche ist ein schon von den Zisterzienser im Hochwaldbetrieb genutzter und geschätzter heimischer Waldbaum – aus ihrem Holz bauten sie das heute noch bestehende Dachgebälk der Klosterkirche.
Gleichzeitig macht die Trauben-Eiche auf die landeskirchliche Aktion „7 Jahre – 700.000 Bäume“ aufmerksam. Unter diesem Motto trägt die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) dazu bei, dass bis zum Jahr 2030 rund 700.000 neue Bäume wachsen sollen. Mit der Aktion soll den Menschen – auch in der Region Haina – die Bedeutung des Waldes neu bewusst gemacht werden. So will die EKKW einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Bewahrung der Schöpfung leisten.
Damit wird diese Trauben-Eiche ein Symbol gegen den prognostizierten Klimawandel aber auch für den über 800-jährigen Fortbestand des Christentums im Wohratal.
Ihre Hege und Pflege möge den kommenden Generationen genauso am Herzen liegen wie den jetzigen!
Haina, Ostern AD 2024
Siehe auch:
Im Zeichen des Kreuzes
Am 1. April 1224 weihte Erzbischof Siegfried II. von Mainz die Kirche des Klosters Haina – Festgottesdienst zum 800. Jahrestag / Von Manfred Albus