Die Bibel in Eisen
In Frankenberg (Eder) wird am 16. Juli eine große Ausstellung über den Renaissance-Künstler Philipp Soldan eröffnet – Er verbreitete Luthers Botschaften auf eisernen Ofenplatten
In seiner Heimatstadt Frankenberg (Eder) in Nordhessen wird der Renaissance-Künstler Philipp Soldan in diesem Sommer erstmals mit einer großen Ausstellung als „Bildhauer der Reformation“ gewürdigt. Die Werkschau wird am Sonntag, dem 16. Juli 2017, um 12:00 Uhr im Fachwerk-Rathaus der Stadt eröffnet und dauert bis zum Reformationstag am 31. Oktober, dem 500. Jahrestag der Verkündung von Martin Luthers 95 Thesen. Wie die Träger des Projektes mitteilten, werden an drei historischen Orten in Frankenberg verschiedenste Schöpfungen des Formenschneiders aus Holz, Stein und Eisen gezeigt. Anschaulich wird auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse auch das geschichtliche Umfeld seines Lebens und Wirkens dargestellt.
Philipp Soldan lebte von etwa 1500 bis 1570 und war ein Zeitgenosse des hessischen Landgrafen Philipp des Großmütigen (1504-67), der als Partner Martin Luthers einer der wichtigsten politischen Führer der Reformation in Deutschland war. Der Fürst war zugleich der wichtigste Auftraggeber für Philipp Soldan. Dieser schuf für ihn unter anderem den so genannten Philippstein im Kloster Haina als syombolhaftes Monument der Reformation in Hessen.
Soldans Werk umfasst auch zahlreiche gusseiserne Ofenplatten, die zum Teil biblische Motive zeigen, zum Teil auch Luthers reformatorische Botschaft verbreiten. Für diese Platten fertigte Soldan aus Birnbaumholz die Vorlagen an. Die Abgüsse finden sich heute in zwei Dutzend Museen und Schlössern, so in Marburg, Kassel und Schmalkalden, aber auch in Nürnberg, Metz und Kopenhagen. Nach den Worten der Kunsthistorikerin Dr. Birgit Kümmel, die das Projekt leitet, zählen die von Philipp Soldan geschnitzten Figuren zu den bedeutendsten Denkmälern der Renaissance in Deutschland.
Die Ausstellung wird von der Stadt Frankenberg (Eder) gemeinsam mit dem Landkreis Waldeck-Frankenberg ausgerichtet und ist als eigenständiger Beitrag zum Luther-Gedenkjahr 2017 gedacht. Finanziert wird sie, wie der Frankenberger Bürgermeister Rüdiger Heß mitteilte, je zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln und privaten Spenden. Die Schirmherrschaft haben der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier und Annette Viessmann übernommen. Frau Viessmann ist Vorstandsmitglied einer Stiftung der Viessmann-Gruppe in Allendorf, die als Hersteller von Heiz-, Industrie- und Kühlsystemen das größte Unternehmen der Region ist.
Das Kuratorenteam hat sich nach den Worten der Projektleiterin Dr. Birgit Kümmel „ein sehr ehrgeiziges Programm“ vorgenommen. Im Zentrum steht die Präsentation von Soldans Werken an drei Orten in Frankenberg. Das 1509 erbaute historische Rathaus ist selber ein Denkmal der Epoche und zeigt an seiner Außenwand drei hölzerne Skulpturen Soldans, die als Balkenstützen (Knaggen) des historischen Fachwerkbaus dienen. Im Museum im Kloster St. Georgenberg befinden sich 30 der insgesamt 32 Balkenköpfe, die Soldan um 1529 für die Frankenberger Liebfrauenkirche geschaffen hat und die durch ihre individuelle Ausdruckskraft herausragen. Erstmals seit 1952 werden sie wieder mit den beiden restlichen Balkenköpfen vereint, die sich im Marburger Museum für Kunst und Kulturgeschichte befinden und für die Ausstellung ausgeliehen wurden. Der dritte Spielort ist ein historisches Haus mit einem mittelalterlichen Speicher und Gewölbe, wo mit Schautafeln und Objekten das historische Umfeld Soldans und die für ihn wichtigen Zeitgenossen porträtiert werden.
Parallel zur Ausstellung gibt das Kuratorenteam, dem auch die Historiker Kirsten Hauer und Friedhelm Krause sowie die Autorin Christiane Kohl angehören, einen umfassenden Bildband über das Werk Philipp Soldans heraus. Er erläutert die verschiedensten Facetten seines künstlerischen Schaffens über den Rahmen der Ausstellung hinaus.
Die Autorin Christiane Kohl erklärte dazu, in der Phase der Reformation habe Nordhessen durch Landgraf Philipp den Großmütigen seinen „großen Auftritt in der Weltgeschichte“ gehabt. Die Landgrafschaft habe damals eine Pionierrolle gespielt. Und Philipp Soldan sei es zu verdanken, dass auch Frankenberg „sich in die Riege der Reformationsstädte einreiht“. Die Stadt habe in jener Zeit eine kulturelle Blüte erlebt, unter anderem seien aus der damals bestehenden Lateinschule auch andere bedeutende Persönlichkeiten hervorgegangen, etwa der Priester Wigand Gerstenberg als einer der bedeutendsten Chronisten in der Geschichte Hessens.
Die Finanzierung des Projekts wird zur Hälfte aus öffentlichen Mitteln von der Hessischen Kulturstiftung, dem Landkreis Waldeck-Frankenberg und der Stadt Frankenberg bestritten. Den Rest steuern als Sponsoren verschiedene bedeutende Unternehmen der Region bei, so die Viessmann-Gruppe in Allendorf und die Sparkasse Waldeck-Frankenberg. Daneben leisten auch die Firma FingerHaus, die Frankenberger Bank und die Volksbank Mittelhessen sowie die regionalen Energiegesellschaften EWF und EGF Unterstützung, ebenso der Frankenberger Lions Club und der Rotary Club.
Zum Kreis der Kooperationspartner gehören ferner die Evangelische Kirche im Kirchenkreis Eder, das Museum Bad Arolsen, das Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Marburg, das Hessische Landesamt für Geschichte sowie mehrere Geschichtsvereine. Dies sind der Verein Kreisheimatmuseum Frankenberg e.V, der Kunsttreff Frankenberg e.V., der Zweigverein Frankenberg des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde sowie der Verein der Freunde des Klosters Haina.
Ausstellungsorte:
Rathaus (ganztägig)
Haus am Geismarer Tor, Geismarer Straße 3
(Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr)
Museum im Kloster Frankenberg, Bahnhofstraße 14
(Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr)
Information:
Museum im Kloster Frankenberg 06451 - 743672
Ederbergland Touristik 06451 - 2 30 63 41
Presseauskünfte:
Dr. Birgit Kümmel, Projektleiterin, Leiterin des Museums Bad Arolsen
Tel. 05691 – 625.734, 0170 – 4711.906
Klaus Brill, Journalist, Tel. 06455-755.195; 0176 – 4191.5502