Der Bildhauer der Reformation
In seiner Heimatstadt Frankenberg (Eder) wird der Renaissance-Künstler Philipp Soldan mit einer großen Ausstellung gewürdigt – Werkschau bis zum 31. Oktober
Ein Ofen dient normalerweise dazu zu wärmen. Aber manchmal erzählt er auch Geschichten. So ist es jedenfalls bei den eisernen Ungetümen, die vor 500 Jahren der Renaissance-Künstlers Philipp Soldan gestaltet hat. Seine Ofenplatten zeigen Szenen aus der Bibel und vermitteln die Botschaften Martin Luthers. In diesem Jahr des Gedenkens an Martin Luther wird der hessische Formenschneider deshalb in seiner Heimatstadt Frankenberg (Eder) mit einer großen Ausstellung als „Bildhauer der Reformation“ gewürdigt. Diese bisher einmalige Werkschau ist bis zum 31. Oktober zu sehen und offeriert auch einen anspruchsvollen Katalog. Die erste Resonanz war überwältigend: bei der Vernissage war die Schirn des historischen Frankenberger Rathauses bis auf den letzten Platz besetzt, rund 100 der 250 Gäste fanden nur noch einen Stehplatz oder nahmen am Rand auf einem Mäuerchen Platz.
Philipp Soldan lebte von etwa 1500 bis 1570 und hatte seine Werkstatt in Frankenberg (Eder). Über sein Leben ist kaum mehr überliefert als hier und da eine Rechnung. Sein Wirken erschließt sich deshalb vor allem aus seinen Werken, die er meist selbstbewusst mit seinem Signet oder seinem vollen Namen zeichnete. Soldan schuf Denkmäler und Grabplatten aus Stein ebenso wie Skulpturen und Möbel aus Holz, so zum Beispiel eine Serie von Balkenköpfen. Für die gusseisernen Ofenplatten fertigte er aus Birnbaumholz die Vorlagen (Modeln). Diese Formen wurden in einer Sandschicht abgedrückt und dann ausgegossen. Soldans Werke finden sich heute in Rats- und Herrenhäusern, Kirchen, Schlössern und Museen in Nordhessen ebenso wie in Schmalkalden, Karlsruhe, Nürnberg, Metz oder Kopenhagen. Auch die Firma Viessmann in Allendorf (Eder) bei Frankenberg hat eine größere Sammlung.
Zu den Motiven der bildlichen Darstellungen auf den Ofenplatten zählen etwa das Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus oder die Geschichten vom barmherzigen Samariter und der Hochzeit zu Kana. Viele Zeitgenossen Soldans, die meist ja nicht lesen konnten, kamen dadurch – ganz im Sinne Luthers – intensiv mit den biblischen Erzählungen in Kontakt. Ein anderes Beispiel für die Vermittlung religiöser Botschaften ist eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, die unter den vom Weltenrichter Christus in die Hölle gestürzten Gestalten auch Kaiser, Kardinal und Bischof zeigt.
Nach den Worten des Historikers Dr. Dirk Richardt verstand Philipp Soldan „den Schmuck seiner Öfen als eiserne Bibel“. Richardt ist Vorsitzender des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde und sagte bei der Eröffnungsveranstaltung in Frankenberg (Eder) am 16. Juli weiter, Philipp Soldan habe enge Beziehungen zu Heinz von Lüder gehabt, einem der wichtigsten Hofbeamten des hessischen Landgrafen Philipp des Großmütigen. Mehrfach habe der Künstler Lüder auf Reisen begleitet, so nach Württemberg und Sachsen, und dort wichtige ‚Anregungen erhalten.
Die Ofenplatten werden bei der Frankenberger Ausstellung im Museum im früheren Kloster St. Georgenberg gezeigt. An diesem Ort ist auch eine Serie von insgesamt 32 besonders ausdrucksvollen Balkenköpfen aus der Frankenberger Liebfrauenkirche zu sehen, die nach Meinung der Kunsthistorikerin und Projektleiterin Dr. Birgit Kümmel zu den bedeutendsten Denkmälern der Renaissance in Deutschland zählen. Weitere Soldan-Werke finden sich am historischen Fachwerk-Rathaus der Stadt, das aus dem Jahr 1509 stammt. An seiner Außenfront sind als Stützbalken bunte hölzerne Skulpturen eingesetzt, die Schalksnarren zeigen.
An einem dritten Spielort, in einem historischen Speicherhaus, wird schließlich das zeitgenössische Lebensumfeld Philipp Soldans dargestellt. In einer digitalen Reproduktion wird hier auch Soldans wichtigstes Werk erläutert, der so genannte Philippstein aus dem Kloster Haina als Symbolbild der Reformation in Hessen. Es zeigt den hessischen Landgrafen Philipp den Großmütigen (1504-1567), der ein unbequemer Partner Martin Luthers und einer der wichtigsten politischen Führer der Protestanten in Deutschland war. Der Fürst war auch der wichtigste Auftraggeber Philipp Soldans, der für ihn unter anderem die Grabplatten seiner beiden Ehefrauen schuf.
Die Ausstellung wird von der Stadt Frankenberg (Eder) und dem Landkreis Waldeck-Frankenberg ausgerichtet und von namhaften Sponsoren finanziell gefördert, so der Hessischen Kulturstiftung, der Firmengruppe Viessmann und der Sparkasse Waldeck-Frankenberg. Unterstützung gewähren auch die Firma FingerHaus, die Frankenberger Bank und die Volksbank Mittelhessen sowie die regionalen Energiegesellschaften EWF und EGF, ferner der Frankenberger Lions Club und der Rotary Club.
Bei der Eröffnungsfeier sagte Bürgermeister Rüdiger Heß, die Frankenberger sollten sich von Philipp Soldan „ruhig eine Scheibe Selbstbewusstsein abschneiden“ und den Namen dieses nun wiedergeborenen Künstlers als Marke etablieren. Als Stellvertreterin des Landrates sagte die Kreisbeigeordnete Hannelore Behle, man leiste mit dieser Ausstellung einen wichtigen Beitrag zum Reformationsjahr. „Es gibt viel zu entdecken, zu lernen und zu bestaunen.“ Annette Viessmann, die gemeinsam mit dem hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier die Schirmherrschaft der Veranstaltung übernommen hat, würdigte Philipp Soldan als „herausragenden Künstler mit vielen Talenten“.
Die bei der Eröffnungsfeier am Sonntag, 16. Juli 2017, in der Schirn des historischen Frankenberger Rathauses gehaltenen Ansprachen können Sie hier nachlesen.
Ausstellungsorte:
Rathaus Frankenberg (Eder) (ganztägig)
Haus am Geismarer Tor, Geismarer Straße 3
(Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr)
Museum im Kloster Frankenberg, Bahnhofstraße 14
(Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr)
Information:
Museum im Kloster Frankenberg 06451 - 743672
Ederbergland Touristik 06451 – 717672